Welche Rechte haben wir als Leiharbeiter und Stammbelegschaft?
Auf der Info-Hotline der IG Metall (kostenlos 0800-4464636 wählen) gibt es immer wieder Fragen, die häufiger gestellt werden. Wir haben den Rechtsanwalt Daniel Weidmann gebeten, sie für den Blog nochmal schriftlich zu bearbeiten. Hier seine Antworten.
1. „Ich bin seit zwei Jahren Leiher bei Enercon in Magdeburg. Ist die IG Metall überhaupt für mich zuständig? Und kann ich dann auch wählen bei der Wahl des Betriebsrats?“
Solange ein/e Leiharbeiter/in in einem Unternehmen der Metallbranche eingesetzt wird, ist die IG Metall die zuständige Gewerkschaft. Gilt im Einsatzbetrieb ein Tarifvertrag der IG Metall, muss der Arbeitgeber den dort eingesetzten Leiharbeiter/innen sogar einen so genannten Branchenzuschlag bezahlen. Und Rechtsschutz gewährt die IG Metall ihren Mitgliedern sogar über Branchengrenzen hinweg. Das heißt konkret, dass ein/e Leiharbeiter/in, die Mitglied in der IG Metall ist, auch dann rechtliche Beratung und Unterstützung erhält, wenn er/sie mal in einer anderen Branche eingesetzt wird, die mit der Metallindustrie nichts zu tun hat.
Wahlberechtigt bei Betriebsratswahlen sind Leiharbeiter/innen gemäß § 7 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) dann, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden bzw. eingesetzt werden sollen.
2. „Bei uns im Betrieb gibt´s schon eine Arbeitnehmervertretung. Können wir dann überhaupt noch einen Betriebsrat wählen?“
Wenn es sich bei dieser „Arbeitnehmervertretung“ nicht um einen echten Betriebsrat handelt, der aufgrund der Wahlvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes gewählt wurde, dann kann sich die Belegschaft jederzeit für die Wahl eines echten Betriebsrats entscheiden. „Mitarbeitervertretungen“ oder „Belegschaftssprecher/innen“ sind keine echten Betriebsräte. Fragt im Zweifelsfall einfach nach, ob es sich bei Euren Sprecher/innen um echte Betriebsratsmitglieder handelt.
Auch wenn es schon einen echten Betriebsrat gibt, der auf Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes gewählt worden ist, müssen zwischen dem 1. März 2014 und dem 31. Mai 2014 Neuwahlen stattfinden. Das ist ein bundesweit einheitlicher Wahlzeitraum. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der derzeit amtierende Betriebsrat erst nach dem 1. März 2013 gewählt wurde.
3. „Unser Schichtleiter hat kürzlich in einer Besprechung in der Halle gesagt, dass alle gekündigt werden, die was mit der IG Metall zu tun haben. Geht das überhaupt? Können die uns einfach so entlassen wenn wir Mitglieder werden?“
In der Bundesrepublik Deutschland hat jeder Mensch das Recht, sich einer Gewerkschaft anzuschließen. Das ist in Artikel 9 Absatz 3 unseres Grundgesetzes festgeschrieben und wird von deutschen Gerichten genauso geschützt wie z.B. die Meinungsfreiheit oder der Schutz der Familie. Eine Kündigung wegen der Gewerkschaftsmitgliedschaft würde außerdem gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (§ 1 AGG) und das Betriebsverfassungsgesetz (§ 75 BetrVG) verstoßen.
4. „Wir wollen gern mit mehreren Kollegen aus meiner Schicht einen Betriebsrat wählen – was sollen wir machen?“
So eine Betriebsratswahl ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Vor allem am Anfang kann man da einiges falsch machen. Am besten wäre daher, Ihr meldet Euch bei der IG Metall (kostenlos 0800-4464636 oder Mail an wind[at]igmetall.de) und plant das zusammen mit den hauptamtlichen Gewerkschaftssekretär/innen. Wenn das aus irgendeinem Grund nicht in Frage kommt, dann solltet Ihr folgende Punkte beachten:
- Zur Wahl eines Betriebsrats muss erst ein Wahlvorstand gebildet werden, der die Wahl organisiert und überwacht. Der Wahlvorstand besteht in der Regel aus drei Kolleg/innen aus Eurem Betrieb, die auf einer Betriebsversammlung gewählt werden.
- Drei Kolleg/innen können zu dieser Wahl schriftlich per Aushang einladen.
- Ab dem Moment, in dem der Aushang sichtbar im Betrieb aushängt, genießen die drei Einladenden einen besonderen Kündigungsschutz.
- Bis zu diesem Moment ist daher große Vorsicht geboten. Sprecht erst nach dem Aushang offen über Eure Absichten, denn erst dann seid Ihr juristisch geschützt.
- Die Kolleg/innen, die auf der Betriebsversammlung in den Wahlvorstand gewählt werden, haben das Recht, während der Arbeitszeit eine Schulung zu besuchen, auf der sie die weiteren Schritte zur Durchführung der Betriebsratswahl erlernen können.
5. „Bei uns im Betrieb heißt es, dass es verboten ist, IG Metall-Flyer auf dem Betriebsgelände an andere Kollegen weiterzureichen. Ist das richtig? Und wie sieht es denn mit Gewerkschaftswerbung auf dem Betriebsgelände und während der Arbeitszeit rechtlich sonst aus?“
Auch das Recht während der Arbeitszeit auf dem Betriebsgelände Handzettel zu verteilen, ist von Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes geschützt. Nur wenn durch die Verteilung Arbeitsabläufe gestört werden, kann der Arbeitgeber verlangen, dass die Verteilung auf Pausenzeiten oder Leerlaufphasen beschränkt wird. Wenn Ihr die Flyer also von vornherein nur in der Pause verteilt, dann habt Ihr nichts zu befürchten.
Abgesehen von Handzetteln ist es natürlich immer erlaubt, über die Gewerkschaft zu sprechen und dabei „Werbung“ für die Gewerkschaft zu machen. An Eurer eigenen Kleidung dürft Ihr auch IG-Metall-Buttons, Aufkleber usw. tragen. Gewerkschaftsposter sollten besser nur am „schwarzen Brett“ aufgehängt werden, wenn es bei Euch so etwas gibt.
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