»Enercon muss sich erklären, öffentlich«
Die ehemalige Bürgermeisterin Sigrid Griesel fordert Gespräche auf Augenhöhe zwischen Politik und Enercon
Sigrid Griesel ist Vorsitzende der GFA-Fraktion (Gemeinsam Für Aurich) im Stadtrat und war von 2001 bis 2006 Bürgermeisterin von Aurich
F. Frau Griesel, in den letzten Wochen haben die Einschüchterungen von gewerkschaftlich engagierten Kollegen bei der Enercon-Tochter GZO in Georgsheil für viel Aufregung in Aurich gesorgt. Was erwarten Sie von Enercon?
Zunächst einmal, dass die Geschäftsführung sich zu den öffentlich erhobenen Vorwürfen auch öffentlich äußert. Ich will mich nicht an Mutmaßungen beteiligen, man muss immer beide Seiten hören. Sollten die Vorwürfe stimmen, kann es ja auch sein, dass die Vorfälle bei GZO ohne Kenntnis der Geschäftsleitung stattgefunden haben.
Aber: Jetzt stehen die Vorwürfe im Raum. Deshalb kann ich Enercon nur raten, sich hierzu öffentlich zu positionieren. Sonst macht sich das Unternehmen unglaubwürdig, denn in allen öffentlichen Stellungnahmen unterstreicht die Enercon-Geschäftsleitung immer die tiefe Verbundenheit mit unserer Region. Und genau zu dieser und im Übrigen auch zu jeder anderen Region gehören aber immer auch die hier lebenden und arbeitenden Menschen.
Und genau das darf auch in der heutigen Geschäftskultur nicht vergessen werden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Unternehmen neue Mitarbeiter gewinnen will und es längst einen Wettbewerb um Fachkräfte gibt. Deshalb wäre es unklug, solche öffentlich erhobenen Vorwürfe einfach im Raum stehen zu lassen. Denn aufgrund der neuen Medien sind diese Vorwürfe längst weit über unsere Region bekannt geworden und haben dem Unternehmen schon jetzt sehr geschadet. Und meiner Meinung nach richtet jeder Tag ohne Stellungnahme der Geschäftsführung weiteren Schaden an.
F. Was kann die Politik vor Ort tun, um auf Enercon einzuwirken?
Die Stadt steht natürlich mit Enercon im regelmäßigen Kontakt, wie mit allen anderen Unternehmen auch. Im konkreten Fall haben wir aber eine besondere Situation. Enercon ist an den Stadtwerken Aurich beteiligt, mit denen wir die Strom- und Gasnetze von der EWE übernehmen wollen. Das erzeugt besonderen Gesprächsbedarf zur Klärung der Positionen im Umgang mit eigenem Personal.
Denn bei so einer Kooperation müssen wir schon schauen, mit wem wir das machen. Für die Stadt als Arbeitgeber ist die Einhaltung von Tariflöhnen und Mitbestimmung überhaupt keine Frage, sie ist selbstverständlich. Und das soll auch die Stadtwerke und deren Beschäftigten gelten. Mit einem Unternehmen, das diese Werte nicht achtet, wäre das aber mehr als schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.
F. Sie haben selber erfahren, was es heißt, wenn Beschäftigte ihre Rechte im Betrieb nicht ausüben können…
Ja, ich bin in Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet aufgewachsen. Mein Vater war aktiver Gewerkschafter und Betriebsrat. Ich kann mich noch erinnern, dass die Gewerkschaft häufig gezwungen wurde, vor dem Werkstor ihre Flugzettel zu verteilen, weil ihr Zugang zum Werksgelände verboten wurde. Ich weiß auch, welchem Druck Arbeitnehmer damals ausgesetzt waren und welche Existenzängste damit in den Familien verbunden waren. Ich dachte eigentlich, dass diese Zeiten vorbei sind. Doch die Vorkommnisse bei Enercon, sofern sie wirklich zutreffen, zeigen, dass es nicht so ist. Sofern das alles stimmt, gilt das sowohl für die das Vorgehen in Georgsheil, wie für die Entlassung des Betriebsrats Nils-Holger Böttger in Magdeburg.
F. Was fordern Sie von Enercon?
Ich habe keine Forderung. Ich setze aber selbstverständlich voraus, dass sich Unternehmen an die geltenden Gesetze halten. Nicht mehr und auch nicht weniger. Das gilt auch für das Recht auf Mitbestimmung. Das ist ja nicht im luftleeren Raum geregelt, sondern steht im Betriebsverfassungsgesetz. Und daran hat sich jedes Unternehmen zu halten!
F. Wie beurteilen Sie die Ankündigung des Bürgermeisters Heinz-Werner Windhorst, das Gespräch mit Enercon zu suchen?
Es ist gut, dass Gespräche geführt werden. Auch in überwiegend kommunalen Stadtwerken. Das muss dann auch nicht alles öffentlich gemacht werden. Wichtig ist aber, dass solche Gespräche verbindlich sind und auf Augenhöhe stattfinden. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, so wäre es ein abschließendes Statement, das dann auch geeignet ist, die Wogen zu glätten und einen Interessenausgleich zwischen allen Betroffenen herzustellen, sowohl in Georgsheil als auch in Magdeburg.
Sigrid Griesel ist Vorsitzende der GFA-Fraktion (Gemeinsam Für Aurich) im Stadtrat und war von 2001 bis 2006 Bürgermeisterin von Aurich
Ich kann Frau Griesel einfach nur zustimmen! Wir als Betriebsräte wollen doch der Firma nichts schlimmes.. Aber trotzdem wird von „oben“ einfach nur ignoriert und gegen getreten! Vielleicht sollten sich manche Personen mal überlegen, wie sie es schaffen, die Firma nicht an die Wand zu fahren!