»Die Kollegen haben meinen absoluten Respekt«
Politik im Gespräch
Johann Saathoff, SPD-Bundestagsabgeordneter für Aurich, solidarisch mit IG Metallern bei Enercon.
Johann Saathoff (46) ist Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Aurich und sitzt seit September 2013 für den Wahlkreis Aurich-Emden im Bundestag.
F. Nach dem Vorgehen von Enercon gegen gewerkschaftlich engagiert Beschäftigte. Hat die Politik in Aurich zu lange auf Arbeit, anstatt auf gute Arbeit gesetzt?
Nein, das würde ich nicht sagen. Das Betriebsverfassungsgesetz ist ja nicht erst gestern beschlossen worden. Die Entwicklung von Enercon ist insgesamt positiv: sowohl für die Gemeinden wie für den Landkreis als auch für die Menschen, die da Arbeit gefunden haben.
Gleichzeitig hinkt die Entwicklung der betrieblichen Mitbestimmung bei Enercon augenscheinlich jedoch noch etwas hinterher. Das liegt nicht unbedingt in der Verantwortung der Politik. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Aber jetzt wird es Zeit, dass auch die Politik Position bezieht.
F. Wie könnte so eine Position aussehen?
Die Politik kann vermitteln. Ich biete gerne an, gemeinsam mit Gewerkschaften, Betriebsräten und der Enercon-Betriebsleitung moderierende Gespräche zu führen, um alles auf einen guten Weg zu bringen.
Es ist ja nicht so, dass es bei Enercon und seinen Töchtern überall keine Betriebsräte gibt. Das Unternehmen hätte deshalb längst erkennen müssen, welche Potentiale in der Mitbestimmung stecken. Etwa wenn es einem Betrieb mal nicht so gut geht. Dann hängt vieles davon ab, wie man mit einem Betriebsrat diese Zeit organisiert. Die Betriebsräte kennen die Nöte und Sorgen vor Ort, sie kennen sich aus mit Gesundheits- und Arbeitsschutz. Sie bilden praktisch die Basis dafür, dass der Kopf, die Geschäftsführung, an die Wurzeln, die Belegschaft, herankommt. Das hätte Enercon erkennen müssen. Doch in vielen Bereichen scheint das nicht passiert zu sein.
F: Was würden Sie den Beschäftigten raten?
Ich würde ihnen zunächst meinen absoluten Respekt aussprechen. Der gilt nicht nur für diejenigen, die gewählten Betriebsräte, sondern für alle, die aktiv bei den Wahlen aktiv geworden sind und bereit waren, ihre Kraft für die Allgemeinheit einzusetzen. Ich kann mir vorstellen, unter welchen Bedingungen dies geschehen sein muss. Ich finde es ermutigend, dass es solche Kollegen gibt, die ihre eigenen Belange zurückstellen und sich für öffentlichen Belange und andere Kollegen einsetzten. Die haben alle Hilfe verdient, und die werden sie von uns bekommen.
F. Was für weitere Möglichkeiten hat die Politik über die Vermittlung hinaus? Das Problem mangelnder Mitbestimmung gibt es bei Enercon ja schon länger.
Das Werkzeug der Politik ist das Gespräch. Es geht um eine dauerhafte und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Betriebsführung. Das wollen wir aus meiner Sicht erreichen. Da macht es wenig Sinn, mit anderen Dingen zu drohen, denn man sieht sich ja immer wieder. Ich setze darauf, dass man sich verständigt, irgendwie zusammenkommt und erkennt, dass man die gleichen Ziele hat. Dieser (Lern-)Prozess scheint noch nicht sonderlich weit vorangekommen. Aber er kann initiiert werden. Dabei kann Politik eine große Rolle spielen.
F. Enercon hat nun in einer ersten öffentlichen Stellungnahme die Vorwürfe der Beschäftigten und der IG Metall zurückgewiesen. Erschwert das Unternehmen dadurch nicht eine Verständigung?
Das ist aus meiner Sicht eher noch ein Beleg dafür, wie wichtig gemeinsame Gespräche sind, damit auf dieser Grundlage die Geschicke der Fa. Enercon auf einem guten Weg weitergeführt werden können. Die Arbeitnehmervertreter werden sich für die Betriebe wertvoll mit einbringen und die Geschäftsleitung wird den Wert der Arbeitnehmersicht zunehmend zu schätzen wissen. Beispiele dafür gibt es in allen Branchen. Der Weg dorthin ist natürlich auch ein Lernprozess – auf beiden Seiten. Alle Beteiligten sind nun aufgerufen, sich auf den Weg zu machen. Diesen wollen wir aus der SPD gerne ein Stück begleiten, wenn gewünscht. Auf diesem Weg können vermeintliche Missverständnisse dann auch endgültig ausgeräumt werden.
F. Wie beurteilen Sie, dass Enercon sich bereit erklärt hat, mit dem Auricher Bürgermeister Werner Windhorst Gespräche zu den Vorfällen zu führen?
Ich werte das als gutes Zeichen. Wir sind ja auch in anderen Bereichen mit Enercon im Gespräch, etwa was Entwicklung der erneuerbaren Energien betrifft. Und der Umgang mit dem Recht auf Mitbestimmung ist ein Thema mehr. Die anderen Gespräche sind gut gelaufen. Ich bin mir sicher, dass die Gespräche auf regionaler aber auch auf übergeordneter Ebene erfolgreich sein werden.
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